Es kann schwierig sein, zu erkennen, ob ein Pferd Schmerzen hat - selbst für Fachleute. Aus diesem Grund laufen viel zu viele Pferde mit unentdeckten Schmerzen herum, ohne dass wir Reiter es bemerken. Es ist Forschern gelungen, das sogenannte Schmerzgesicht des Pferdes zu entschlüsseln. Es ist ein Ausdruck der Veränderungen im Gesichtsausdruck des Pferdes, die Schmerzen signalisieren. Das bedeutet, dass es damit einfacher ist, zu beurteilen, ob ein Pferd beim Reiten oder im täglichen Umgang Schmerzen hat. Und das ist eine wichtige Voraussetzung für das Wohlergehen der Pferde und dafür, dass sie Leistungen erbringen können.
Wir Menschen haben seit Urzeiten die Fähigkeit, Emotionen durch Gesichtsausdrücke zu erkennen. Unsere Gesichtsausdrücke verändern sich zum Beispiel, wenn wir glücklich sind, lachen, uns anstrengen oder Schmerzen erleben. Wir zeigen Emotionen durch Augen weiten oder zusammenzukneifen, Mund verziehen, Augenbrauen hochziehen oder Stirnrunzeln. Aber was macht man, wenn man beurteilen soll, ob ein Tier Schmerzen hat? Wir haben einen Blick in die Geschichtsbücher geworfen und uns angesehen, was sie uns über das Schmerzgesicht des Pferdes sagen können.
Darwin, der Mann, der hinter der Evolutionstheorie steckt, hat herausgefunden, dass wir Menschen von Affen abstammen. Bereits im Jahr 1872 behauptete er, dass Tiere die gleiche Art von Gesichtsausdruck zeigen können wie Menschen, wenn sie Schmerzen haben. Erst kürzlich wurde die Mimik als Methode zur Beurteilung des Schmerzempfindens bei Tieren, einschließlich Pferden, anerkannt.
Forscher aus Italien, Deutschland und Großbritannien haben gemeinsam eine standardisierte Schmerzskala entwickelt und getestet, die auf den Gesichtsausdrücken von Pferden basiert. Diese Skala wird als "Horse Grimace Scale" oder einfach HGS bezeichnet.
Das "Schmerzgesicht" dient nicht nur dazu, Schmerzen zu erkennen und zu behandeln, um das unmittelbare Wohlbefinden des Pferdes zu verbessern. Es geht auch stark darum, die zugrunde liegenden Ursachen für den Schmerz zu erkennen, einschließlich möglicher schwerwiegender Zustände. Das "Schmerzgesicht" ist eine wichtige Ergänzung zu anderen Schmerzsignalen, die das Pferd senden kann und die auch auf den Ursprung der Schmerzen hinweisen können. Handelt es sich um oberflächliche Schmerzen im Zusammenhang mit der Haut? Handelt es sich um tiefe Schmerzen in Bändern, Sehnen, Knochen, Muskeln, Bindegewebe oder größeren Wunden? Oder handelt es sich um Schmerzen aus inneren Organen wie beispielsweise Kolikschmerzen, die schwer zu lokalisieren sein können?
Ein Pferd mit Schmerzen zeigt in der Regel mehrere Anzeichen für Unwohlsein. Wir haben versucht, diese Anzeichen unten zu gruppieren. Je mehr und deutlicher die Anzeichen sind, desto stärker ist der Schmerz.
1 Gesenkte Ohren
Der Abstand zwischen den Ohren vergrößert sich, wenn sie auseinanderfallen. Sie werden gesenkt und können nach außen oder nach hinten gedreht sein. Oft stehen sie in entgegengesetzte Richtungen oder bewegen sich asymmetrisch.
2 Dreieckiges Auge
Der Blick im Auge des Pferdes kann leicht panisch aussehen. Es ist angespannt und zurückgezogen, während die Muskulatur um das Auge herum angespannt ist und einen charakteristischen dreieckigen Winkel bildet. Die rote Farbe auf dem Bild zeigt, wo die angespannte Muskulatur sitzt.
3 Erweiterte Nasenlöcher
Die Nasenlöcher werden im Vergleich zur normalen, länglichen Form eckig und erweitert. Dies ist besonders deutlich zu sehen, wenn das Pferd einatmet.
4 Eckenförmige Maulpartie
Es ist eine erhöhte Spannung in den Lippen und der Wange zu beobachten, wodurch die Maulpartie im Vergleich zu entspannten und zufriedenen Pferden eine eckigere Form annimmt.
5 Anspannung der Gesichtsmuskulatur
Die Muskulatur an den Seiten des Pferdekopfes wird stärker angespannt und deutlicher sichtbar.
Das Schmerzgesicht ist ein wichtiges Werkzeug, um festzustellen, ob ein Pferd Schmerzen hat. Aber auch das Verhalten des Pferdes, wie zum Beispiel Reaktionen auf Nahrung und Gesellschaft, kann dazu beitragen, ein genaues Bild vom Zustand des Pferdes und dem möglichen Schmerzgrad zu bekommen.
6. Position in der Box
Ein Pferd, das nicht von Schmerzen beeinflusst ist, steht oft vorne in der Box und zeigt Interesse an seiner Umgebung, während Pferde mit Schmerzen gerne in der Mitte der Box stehen und zur Tür oder zu den Seitenwänden schauen. Bei starken Schmerzen kann das Pferd ganz an der Rückwand stehen und den Kopf von der Umgebung abwenden und abwesend wirken.
7. Schaut dorthin, wo es wehtut
Viele Pferde richten von Natur aus ihre Aufmerksamkeit auf die Stelle, die schmerzt. Oft sieht man Pferde mit Koliksymptomen den Kopf zu ihrem eigenen Bauch drehen oder mit einem Hinterbein dagegen treten, ohne die Absicht zu haben, zu treffen.
8. Kopfhaltung
Pferde halten normalerweise den Kopf hoch, außer wenn sie fressen. Pferde, die von Schmerzen betroffen sind, halten den Kopf auf Höhe der Brust und oft sogar tiefer, wenn sie stark von Schmerzen beeinflusst sind.
9. Mit dem Schweif schlagen
Forscher haben herausgefunden, dass Pferde, die beim Aufsteigen zum Beispiel stark mit dem Schweif schlagen, Anzeichen von Schmerzen im Rücken zeigen. Wenn dein Pferd also stark mit dem Schweif schlägt, ist es daher ratsam zu überlegen, ob es Schmerzen hat.
10. Veränderte Aufmerksamkeit
Achte auf die Reaktion des Pferdes, wenn du oder andere sich ihm nähern. Ein schmerzfreies Pferd wird aufmerksam sein und sich der Annäherung zuwenden. Bei leichten Schmerzen wird es oft nur schauen, sich aber nicht bewegen, während es bei starken Schmerzen vollkommen unbeweglich und introvertiert sein kann.
11. Geringeres Interesse am Futter
Ein gesundes Pferd wird ohne zu zögern fressen. Ist es von Schmerzen betroffen, wird es sich oft nur das Futter anschauen und bei starken Schmerzen wird es keinerlei Reaktion auf das Futter zeigen.
Es ist äußerst komplex, Schmerzen bei einem Pferd zu beurteilen - und insbesondere eine Diagnose basierend auf diesen Schmerzen zu stellen. Daher sollten das Schmerzgesicht und die anderen Informationen lediglich als Hilfe zur vorläufigen Beurteilung des Wohlbefindens des Pferdes betrachtet werden. Sobald ein begründeter Verdacht auf Schmerzen besteht, solltest du deinen Tierarzt kontaktieren, der den Verdacht bestätigen oder widerlegen und über die Notwendigkeit einer Behandlung entscheiden kann.
Langthesteliv.dk
Equusmagazine.dk: Causes of Back Pain in Horses
Gleerup, Forkman et. Al. 2015: An Equine Pain Face, Veterinary Anaesthesia and Analgesia