"Ich schaffe das noch eben schnell." Als Pferdebesitzer hast du dir diesen Satz garantiert mehr als nur ein paar Mal im Laufe des Jahres gesagt. Pferdebesitzer sind nämlich Optimisten – Zeitoptimisten um genauer zu sein. Aus unerklärlichen Gründen kommt es uns plötzlich in den Sinn, dass wir genau heute sowohl das Futter voebereiten, ausmisten als auch noch einen schnellen Ritt einlegen können.
Aber nein. Allzu oft endet es damit, dass die Familie doppelt so lange warten muss, wie du ihnen versprochen hattest, oder du musst deinen Partner anrufen, um ihm zu sagen, dass er wohl das Abendessen alleine essen muss. Aber hey, das passiert uns allen – und es passiert nur, weil wir unsere Pferde gut behandeln wollen. Hier sind sechs ganz konkrete Beispiele dafür, wann und wie es schiefgeht. Damit haben wir etwas, an dem wir arbeiten können…
Du eilst in den Stall in der Hoffnung, das Ausmisten blitzschnell erledigen zu können. Aber es ist nicht dein Tag. Alle Mistgabeln sind in Gebrauch. Bis eine frei wird, entschließt du dich, mit der Schaufel – oder noch schlimmer: mit der Hand – die größten Haufen aufzunehmen. Es geht langsam, aber wenigstens verlierst du keine Zeit. Wenn endlich eine Gabel frei ist, hast du es so eilig, dass du den ganzen Mist auf einmal aufladen musst. Du hast einfach keine Zeit, zweimal zu gehen. Und dann passiert das, was du insgeheim befürchtet hast und wusstest, dass es passieren würde: der Schubkarren kippt auf dem Weg zum Misthaufen um. Nun bleibt dir nichts anderes übrig, als die verbleibende Zeit damit zu verbringen, alles wieder aufzusammeln, während du dich ärgerst bei dem Gedanken, dass es doch schneller gewesen wäre, zweimal zu gehen.
Es ist kalt, und du entschließt dich schnell dazu, deinem Pferd eine etwas dickere Decke anzulegen. Du hast aber keine Lust, es extra für diesen Zweck in den Stall zu führen und dann 30 Sekunden später wieder rauszulassen. Deshalb nimmst du die Decke mit auf die Koppel, um sie dort zu wechseln. Das hättest du niemals tun sollen. Gerade als du die Bauch- und Beingurte gelöst hast und dabei bist, die Brustverschlüsse zu öffnen, entscheidet sich dein Pferd dazu, plötzlich loszustürmen. Das Ergebnis ist, dass die Decke sich komplett um den Hals des Pferdes wickelt und binnen Sekunden zerstört wird. Jetzt musst du das Pferd doch in den Stall führen, um die Decke zu wechseln, und stehst zudem mit einer durchmatschten oder gar kaputten Decke da, bei der du nicht weißt, ob du sie einfach wegschmeißen oder Tage damit verbringen sollst, sie zu reparieren. Dieses Dilemma hättest du wirklich vermeiden können.
Wenn es dunkel geworden ist und du schnell den Futterzusatz deines Pferdes in den Trog werfen willst auf dem Weg nach Hause von der Arbeit, kann es verlockend sein, das Licht nicht anzuschalten. Du musst ja nur kurz etwas in den Trog schütten. Zuerst tastest du dich zur Futtertonne deines Pferdes vor (glaubst du), dann findest du den Weg zum richtigen Stall (glaubst du). Aber als du die Stalltür öffnest, um den Trog zu finden, stolperst du nicht nur über deine eigenen Füße, sondern legst auch deine Hand in einen schönen Pferdeapfel und dann ist das Futter überall verstreut – natürlich überall, außer im Trog. Jetzt solltest du besser das Licht einschalten, damit du siehst, was du machst. Und tatsächlich: Weder das Pferd noch das Futter waren die richtigen. Deshalb kannst du jetzt die Zeit, die du nicht hast, darauf verwenden, neues Futter zu mischen, das richtige Futter deinem eigenen Pferd zu geben und, oh ja, deine Hände vom Pferdemist zu säubern. Win-win... Oder auch nicht.
Zwei Pferde gleichzeitig reinzulassen ist immer ein Wagnis. Es sollte kein Zweifel darüber bestehen, dass es äußerst gefährlich sein kann, zwischen ein paar Pferden zu stehen, die nur hineinwollen, um ihr Futter zu bekommen. Trotzdem sind wir zu viele, die das Risiko eingehen und denken, dass in jeder Hand ein Pferd zu haben und diese reinführen kein Problem ist. So ist es ja in der halben Zeit erledigt! Aber es ist nicht so "problemlos", wenn die zwei Pferde sich gegenseitig aufstacheln, davonlaufen, du Brandblasen in den Händen bekommst und im Schlamm liegen bleibst. Bis du wieder auf den Beinen bist und die entlaufenen Schlingel eingefangen hast, ist wahrscheinlich nicht viel weniger Zeit vergangen, als wenn du die Pferde einzeln reingeholt hättest. Also, was ist wohl das Beste, was man das nächste Mal tun sollte?
Auf dem Weg zu einer Familiengeburtstagsfeier, gekleidet in High Heels und einem weißen Blazer, entscheidest du dich, schnell im Stall vorbeizuschauen, um die praktischen Dinge zu erledigen, die du eigentlich später machen wolltest. Aber diese Entscheidung hat ihre Konsequenzen. Wenn du fertig bist, steht dein Pferd zwar zurück mit einer schönen, sauberen Box voller sorgfältig aufgeschütteltem Heu, arrangiert zu einem feinen, luftigen Haufen. Zurück bleibst jedoch du mit Schlamm – und Schlimmerem – gut auf deinen Stilettos und deinem Blazer verteilt, der nun in Gelb konvertiert ist, und dein Haar passt perfekt zum Heuhaufen in der Box. Jetzt musst du die Entscheidung treffen, ob du nach Hause fährst, um dich umzuziehen und zu spät zur Geburtstagsfeier zu kommen, oder ob du einfach so auftauchst und so tust, als wäre nichts passiert. Du kennst das Dilemma.
Das hier ist wahrscheinlich die gefährlichste Zeitfalle von allen. Wir Pferdeleute lieben es einfach zu reden – natürlich am meisten über unsere Pferde – und das kann schnell mal eine extra Viertelstunde oder zwei von unserer sonst so sorgfältig geplanten Zeit stehlen. Eigentlich sollte man immer 15-30 Minuten Plauderzeit einplanen, wenn man beim Pferd vorbeischaut. Dann kann die Familie oder der Partner ja nur positiv überrascht sein, wenn man eines Tages früher nach Hause kommt, weil niemand anderes im Stall war. Es ist jedenfalls sicher, dass, wenn man vorbeikommt, während andere im Stall sind, es nahezu unmöglich ist, der Falle des gemütlichen Gesprächs zu entgehen, egal wie sehr man versucht, Scheuklappen aufzusetzen.