Nasenriemen am Zaumzeug sind für viele von uns beim Reiten so selbstverständlich wie der Sattel unter dem Reiter. Doch in letzter Zeit sind sie ins Zentrum einer hitzigen Debatte gerückt. Der Grund? Forschungen haben aufgezeigt, dass die Enge des Nasenriemens erhebliche Auswirkungen auf das Wohlbefinden unserer Pferde haben kann. Wenn das so ist, stellt sich die Frage: Warum verwenden wir überhaupt Nasenriemen? Einige Dressurreiter werfen Licht auf diese Frage. Sie teilen ihre Sichtweisen, wobei sie sowohl die Vor- als auch die Nachteile dieser Praxis beleuchten und uns einen tieferen Einblick in die Bedeutung des Nasenriemens für das Reiterlebnis geben.
Um etwas in der Gegenwart zu verstehen, kann es nützlich sein, in die Geschichte zurückzublicken. Deshalb haben wir uns mit alten Schriften und Quellen verbündet, um über die frühesten Gedanken zur Verwendung von Nasenriemen zu lesen. Hier treffen wir auf eines der populärsten Werke Deutschlands, nämlich Wilhelm Muselers "Reitlehre". Es wurde erstmals in den 1930er Jahren veröffentlicht und wird bis heute herausgegeben. Er erklärt, dass der Nasenriemen verwendet werden soll, um das Gebiss korrekt und ruhig im Maul des Pferdes zu halten sowie sicherzustellen, dass das Pferd den Mund nicht öffnen und so die Verbindung zu den Zügeln verlieren kann.
Etwas später, um den Zweiten Weltkrieg herum, erzählt der Deutsche Richard Wätjen in dem Text "Das Dressurreiten", dass ein korrekt angepasstes Kopfzeug entscheidend ist, wenn man sein Pferd in der Dressur entwickeln möchte. Er meint auch, dass der Nasenriemen verwendet werden soll, um zu verhindern, dass das Pferd den Mund öffnet, macht jedoch im Gegensatz zu Wilhelm Museler darauf aufmerksam, dass der Nasenriemen nicht so eng angezogen werden darf, dass das Pferd nicht mehr kauen kann.
Wilhelm Museler und Richard Wätjen sind also beide der Meinung, dass der Nasenriemen verwendet werden soll, um den Mund des Pferdes zu schließen und das Gebiss korrekt zu platzieren. Ihre Behauptungen sind mittlerweile viele Jahre alt, aber es sind oft die gleichen Argumente, auf die man heute noch trifft. Insbesondere bei jungen Pferden lautet die Begründung, dass der Nasenriemen eine gute Wirkung auf das Pferd hat, da es nicht in der Lage ist, den Mund zu öffnen. Eine der Erklärungen ist unter anderem, dass ein Jungpferd aufgrund seiner fehlenden Erfahrung natürlich versuchen wird, den Mund zu öffnen und die Kiefer zu verschieben, um dem Druck des Gebisses auszuweichen. Durch den Einsatz eines Nasenriemens wird es jedoch leichter verstehen, dass es beginnen soll, am Gebiss zu kauen. Ohne Nasenriemen liegt die Trense zu locker und für junge Pferde kann es schwieriger sein, sich korrekt auf das Gebiss zu konzentrieren. Das berichtet unter anderem die französische Dressurreiterin Catherine Henriquet gegenüber Eurodressage. Sobald das Pferd jedoch älter und ein erfahrener Gebiss-Nutzer geworden ist, gibt es keine Hindernisse mehr, den Nasenriemen im täglichen Training abzunehmen, so die Empfehlung.
Die Schweizer Dressurreiterin Corinne Daepp, die Pferde in einem olympischen Dressurstall trainiert hat, bevorzugt es, Pferde ohne Nasenriemen zu reiten. Sie stellt fest, dass besonders Pferde, die nicht viel am Gebiss kauen, leichter diesen Ansatz erreichen, wenn sie nicht durch einen Nasenriemen eingeschränkt sind. Sie erklärt, dass beim Reiten ohne Nasenriemen die Hände höher platziert werden müssen, als es in der Dressur üblich ist, weil der Druck vom Gebiss nicht durch einen Nasenriemen abgefangen wird. Indem sie mit hohen Händen reitet, stellt sie sicher, dass das Pferd keinen unnötigen Druck auf die Zunge erfährt, was ein Nasenriemen sonst zu lindern versucht. Wenn sie eine Reaktion auf das Gebiss wünscht, achtet sie immer darauf, das Signal nach oben statt zurück zu ihrem eigenen Oberkörper zu legen. Das Ziel ist, die Unterkieferbeweglichkeit des Pferdes zu mobilisieren und es dazu zu bringen, am Gebiss zu „schmecken“. Sobald dies erreicht ist, senkt sie ihre Hände wieder.
Zur Zeit herrscht eine Debatte bezüglich der Nasenriemen und wir konzentrieren uns insbesondere darauf, wie fest er gezogen werden sollte. Es hat sich nämlich gezeigt, dass dies einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden des Pferdes hat, da sowohl der Nasenrücken als auch der Kieferbereich äußerst empfindliche Bereiche des Pferdekörpers sind. Dies wurde unter anderem in einer umfassenderen Ausrüstungsstudie des Dänischen Reiterverbandes aus dem Jahr 2014 beleuchtet, die erst 2017 an die Öffentlichkeit kam. Diese Studie öffnete vielen die Augen dafür, wie unangenehm ein zu straffer Nasenriemen für das Pferd sein kann und führte zu verschärften Anforderungen an die Reiter. Später kam noch mehr Forschung zu diesem Thema hinzu.
QUELLEN
Eurodressage: Nasenriemen-Spezial: Teil II: Der Zweck des Nasenriemens